Radio Hamburg-Mitarbeiter fordern Tarifvertrag

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Radio Hamburg streiten für einen Tarifvertrag. Sie haben nun unter dem Motto „Wir sind Radio Hamburg“ eine Webseite online gestellt, um auf ihr Anliegen und den anhaltenden Sparkurs im Sender aufmerksam zu machen. Sie bemängeln demnach einen fortschreitenden Personalabbau, einen fehlenden Inflationsausgleich und  den Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld in vielen Verträgen. „Später eingestellte Kollegen arbeiten zu immer schlechter werdenden Konditionen, die Gehaltskurve zeigt in den letzten Jahren nach unten“, heißt es in einem offenen Brief: „Die Arbeit verdichtet sich immer mehr. Immer weniger Mitarbeiter leisten immer mehr, da neben dem Radiobetrieb auch an der digitalen Zukunft des Unternehmens gearbeitet wird.“ Man befürchte einen Qualitätsverlust des Programms. Im begleitenden Videoaufruf, den die Mitarbeiter erstellt haben, heißt es: „Radio Hamburg ist wirtschaftlich sehr gesund. 2016 haben wir 5,75 Millionen Euro Gewinn gemacht. Wir gehören zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Privatsendern Deutschlands. Während sich die Gesellschafter Millionengewinne ausschütten, haben wir kaum etwas davon. Trotz immer mehr Leistung und immer mehr Arbeit werden wir immer ärmer. Das ist ungerecht und das nehmen wir nun nicht mehr hin.“ Die Hauptgesellschafter von Radio Hamburg sind die Medienriesen Springer, Bauer und die RTL Group.

Die Gewerkschaften DJV und ver.di haben bekräftigt, dass sie bei Radio Hamburg einen Tarifvertrag verhandeln und abschließen wollen.  Das Management von Radio Hamburg lehne allerdings „politische Tarifverträge“ ab und strebe stattdessen betriebliche Vereinbarungen an, so die Gewerkschaften. „Was Radio Hamburg hier vorspiegelt, ist in Wahrheit eine höchst einseitige Angelegenheit“, sagte Dr. Anja Westheuser, Justitiarin beim DJV in Hamburg: „Der Betriebsrat darf Gehaltserhöhungen gar nicht vereinbaren, das wäre glatter Rechtsbruch.“ Martin Dieckmann, ver.di-Fachbereichsleiter, warf der Geschäftsführung von Radio Hamburg vor, die Mitarbeiter von Radio Hamburg schlicht zu übergehen. „Die deutliche Mehrheit der Beschäftigten bei Radio Hamburg hat sich in den Gewerkschaften organisiert. Und genau diese deutliche Mehrheit besteht auf einem Tarifvertrag!“ Radio Hamburg hat nach Aussagen der Gewerkschaften Verhandlungen mit der gemeinsamen Tarifkommission von DJV und ver.di abgelehnt.

Man zahle besser als in der Branche üblich, entgegnet Radio Hamburg-Geschäftsführer Patrick Bernstein gegenüber „Tag24“. „Wer beim Privatradio arbeiten will, möchte auch deshalb oftmals am liebsten zu uns. Und wer bei uns ist, will oftmals nicht mehr weg“, zitiert ihn das Online-Portal. Man habe den Mitarbeitern vor Kurzem ein Angebot unterbreitet, nach dem das Brutto-Gehalt der Festangestellten um pauschal 200 Euro monatlich steigen würde. Zudem solle es wegen der gestiegenen Hörerzahl eine Erfolgsprämie geben, heißt es bei „Tag 24“ weiter.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wortlaut des Aufrufs auf  http://wirsindradio.hamburg/:
Wir erleben hier das, was auch viele von Euch betrifft und worüber wir schon so oft berichtet haben: Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren rapide verschlechtert, es wird ein rigider Sparkurs gefahren. Vor allem auf Kosten derer, die den Sender am Laufen halten und das Herz des Programm sind: Der Mitarbeiter.

Seit Jahren kein verlässlicher Inflationsausgleich, wir werden jedes Jahr ärmer. Keine Altersvorsorge, keine einheitliche und verlässliche Regelung für Prämien oder andere Vergütungen. Weihnachts- und Urlaubsgeld gibt es in vielen Verträgen nicht mehr. So gut wie keine Beteiligung am wirtschaftlichem Erfolg, die Gewinne werden größtenteils an die Gesellschafter ausgeschüttet. Kein gleichbleibendes Lohnniveau, später eingestellte Kollegen arbeiten zu immer schlechter werdenden Konditionen, die Gehaltskurve zeigt in den letzten Jahren nach unten.

Die Mitarbeiterzahl ist seit Jahren rückläufig. Die meisten Stellen, die frei werden, werden nicht mehr nachbesetzt. Es werden immer weniger Volontäre ausgebildet. Am vorhandenen Personal wird gespart, als Mitarbeiter muss man teilweise um Honorare feilschen, was unfair und unwürdig ist. Die Arbeit verdichtet sich immer mehr. Immer weniger Mitarbeiter leisten immer mehr, da neben dem Radiobetrieb auch an der digitalen Zukunft des Unternehmens gearbeitet wird.

Wir befürchten einen fortschreitenden Qualitätsverlust des Programms, da wir einfach nicht mehr das leisten können, was wir können und wollen. Wir befürchten eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit, da der Sender auf dem Weg ist, sich selbst kaputt zu sparen. Wir befürchten den Verlust junger Talente, da der Arbeitgeber „Radio Hamburg“ nicht mehr attraktiv ist. Wir befürchten, dass künftig alles noch schlimmer wird, da die Geschäftsführung versucht, uns mit Angeboten zu ködern, die unsere Lage nicht dauerhaft verbessern werden. Wir befürchten, irgendwann den Sender verlassen zu müssen, da wir uns die Arbeit dort nicht mehr leisten können.

Wir wollen nicht, dass der Sender sein Gesicht, seine Identität und seinen Erfolg verliert! Wir wollen für den Sender kämpfen. Und damit kämpfen wir für uns und für Euch! Denn ohne die Leistung von uns Mitarbeitern gibt es für Euch kein Radio Hamburg mehr!

Wir fordern einen Tarifvertrag! Damit faires Gehalt für unsere Arbeit gewährleistet ist!
Der Tarifvertrag regelt Gehälter und Gehaltsanpassungen verlässlich und für alle Mitarbeiter einheitlich. Ohne Diskussionen und Ausreden. Damit wir unser Leben in Hamburg mit Miete, Versicherungen und allen anderen Kosten planbar gestalten können. Wir machen das nicht, um reich zu werden. Wir machen das, damit Radio Hamburg Radio Hamburg bleiben kann! Für Euch und für uns!

Quelle: „Wir sind Radio Hamburg!“

Escape drücken, zum schließen