Mit dem Sendestart der ersten nationalen Programmplattform am 01. August 2011 begann vor zehn Jahren mit dem DAB+ Radiostandard in Deutschland die europäische Erfolgsgeschichte des digitalen Nachfolgers von UKW. DAB+ löst die Frequenzknappheit von UKW auf, die vom Fraunhofer Institut in Erlangen entwickelte Audio-Komprimierung AAC ist moderner und effizienter als die des Vorgängers DAB; schließlich war dies der erste wichtige Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung der Programme von privaten und öffentlich-rechtlichen Radiosendern.
Aus den ursprünglich 27 Funktürmen, von denen die bundesweiten Programme zunächst in Ballungsräumen verbreitet wurden, entstand in nur 10 Jahren ein digitales Sendernetz mit inzwischen 149 Funktürmen im gesamten Bundesgebiet. Zusammen mit den mehr als 70 Sendeanlagen der zweiten nationalen Programmplattform sind mittlerweile bis zu 29 Programme in ganz Deutschland über DAB+ empfangbar. Dazu kommen viele regionale sowie landesweite öffentlich-rechtliche und private Angebote: Mit insgesamt 270 unterschiedlich verfügbaren Programmen, von denen 70 exklusiv über DAB+ zu empfangen sind, ist die Vielfalt im Rundfunk mit DAB+ größer denn je.
Waren anfangs das Deutschlandradio und die ARD Treiber von DAB+, setzen nun auch viele namhafte Privatsender auf die digitale Programmverbreitung. So soll in NRW im Herbst eine landesweite private Plattform mit 16 neuen DAB+ Programmen starten.
DAB+ ist vielfältiger und erreicht mehr Menschen
Als Weiterentwicklung des bereits in den 1990er Jahren verbreiteten DAB, gelang mit dem technisch optimierten und abwärtskompatiblen DAB+ 2011 ein Neustart für das digitale Antennenradio. Die bundesweite Flächenabdeckung von DAB+ liegt bereits bei rund 98 Prozent, die Autobahnen sind so gut wie vollversorgt und der Ausbau geht regional und bundesweit kontinuierlich weiter.
Die Signalwirkung, die insbesondere vom Engagement des Deutschlandradio für den Ausbau von DAB+ ausging, war für die regionale Entwicklung von DAB+ in den Bundesländern wesentlich. Für die Programme des nationalen Hörfunks war entscheidend, dass mit DAB+ eine bessere Flächenabdeckung und in der Folge größere Reichweiten als über UKW möglich sind.
Mit dem Erfolg der ersten bundesweiten Programmplattform erkennen immer mehr private Radiobetreiber das wirtschaftliche Potential von DAB+: Mit DAB+ können sie ihr UKW-Geschäftsmodell evolutionär auf die digitale Terrestrik übertragen und dank der vielen Vorteile weiterentwickeln. Spezielle Zielgruppenformate, wie zum Beispiel Deutschlands erstes Fußballradio 90elf (von 2011 bis 2013), der Elektronik-Musik Sender sunshine live oder das bundesweite Rockradio BOB! konnten ihre Programme über Antenne erstmals bundesweit anbieten. In Einzelfällen haben Privatsender und das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio bereits UKW-Frequenzen zurückgegeben, um Potentiale zu heben, die mit der wirtschaftlicheren Verbreitung über DAB+ im Vergleich zu UKW einhergehen.
Ab Oktober 2020 folgten weitere private Anbieter mit Interesse an einer nationalen Verbreitung, darunter bekannte Privatradiomarken wie RTL, Antenne Bayern, Energy oder Absolut Radio. Mit dem Start der zweiten nationalen DAB+ Programmplattform wuchs die Zahl der national ausgestrahlten Programme auf bis zu 29. Neben neuen Programmgeschwistern etablierter Anbieter, wie Klassik Radio Beats und Radio Energy mit Nostalgie, gehören dazu auch innovative Zielgruppenformate wie dpd Driver’s Radio, Femotion, ein Radio von und für Frauen, und das Sportradio Deutschland der Teutocast GmbH. Details finden sich unter www.dabplus.de/bundesweit.
Positive Marktentwicklung, DAB+ Nutzung steigt
Parallel zur Vergrößerung der Programmvielfalt entwickelt sich der Markt für neue DAB+ Empfänger und Adapter zur Nachrüstung. Mit zuletzt zweistelligen Zuwachsraten für das Jahr 2020 (plus 15,2 Prozent relatives Wachstum zum Vorjahr) steigt die Nachfrage nach DAB+ Radiogeräten weiter: Zwischen Januar und Mai 2021 wurden laut Branchenindex HEMIX[1] in Deutschland 756.000 DAB+ Geräte verkauft (plus 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Der Umsatz mit den Digitalradios betrug in diesem Zeitraum 101 Millionen Euro (plus 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).
In mehr als einem Viertel aller Haushalte steht inzwischen ein DAB+ Gerät, dies sind weit über 17 Millionen Geräte. Laut Digitalisierungsbericht der Medienanstalten war DAB+ in den vergangenen Jahren der Radio-Verbreitungsweg mit dem stärksten Wachstum.
Zusammen zum Ziel: Erfolg von DAB+ ist Teamleistung
Grundlage für die dynamische Entwicklung der neuen Vielfalt im Rundfunk ist der gemeinschaftliche Schulterschluss aller beteiligten Partner und Branchen. Der kooperative Ansatz beim Auf- und Ausbau der DAB+ Verbreitung zwischen Herstellern, Netzbetreibern, Regulierern, Politik und sowohl privaten als auch öffentlich-rechtlichen Programmanbietern ist eine wichtige Voraussetzung. Wegen der Hoheit der Bundesländer ist hier insbesondere der Austausch zwischen Bund, Ländern und den jeweiligen Landesmedienanstalten hervorzuheben, der wesentliche Rahmenbedingungen für die Dynamik setzt. Der ebenfalls im Jahr 2011 zum Sendestart der ersten nationalen Plattform gegründete Digitalradio Deutschland e.V. setzt mit seinen Mitgliedern zusätzliche Akzente, indem in Funk und Fernsehen regelmäßig über DAB+ informiert wird. Handel, Hersteller und Netzbetreiber beteiligen sich an gemeinsamen Aktionszeiträumen.
Für ein vollständiges Gelingen der digitalen Transformation bedarf es allerdings weiterführender Weichenstellungen. Im Digitalradio Board der Bundesregierung, das auf eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im April 2015 gegründete wurde, sind Medienpolitik, Sender, Industrie und Netzbetreiber vertreten. In dem vom Kanzleramt und dem Vorsitzland der Rundfunkkommission Rheinland-Pfalz organisierten Gremium arbeiten Branchenteilnehmenden der digitalen Transformation des Hörfunks.
Beispielhaft für den gemeinsamen politischen Willen zur Digitalisierung des Hörfunks ist die Umsetzung der EU-weiten Digitalradiopflicht im Jahr 2020. Danach müssen alle Autos der Fahrzeugklasse M DAB+ empfangen und wiedergeben können, die ab Werk mit einem Radio ausgeliefert werden. Die Digitalradiopflicht gilt auch für alle anderen handelsüblichen Radiogeräte, die einen Sendernamen anzeigen können.
DAB+ kann vor Notlagen warnen
Der Erfolg, mit dem DAB+ seit nunmehr 10 Jahren die Digitalisierung des Rundfunks entscheidend prägt, wäre ohne die technischen Innovationen des Fraunhofer Instituts kaum denkbar. Insbesondere das AAC-Kodierungsverfahren, das inzwischen weltweit zum Beispiel bei iTunes und Spotify eingesetzt wird, und als eine der Voraussetzungen für die Angebotsvielfalt von DAB+ gilt, ist hier hervorzuheben. Mit der Electronic Warning Function (EWF) entwickelt das Fraunhofer Institut DAB+ nun zu einem wichtigen Faktor beim Bevölkerungsschutz weiter. Ausgestattet mit EWF sollen DAB+ Radios die schnelle und zuverlässige Warnung der Bevölkerung im Katastrophenfall ermöglichen. Egal ob Hochwasser, extreme Unwetter oder Chemieunfall – das Digitalradio soll über drohende Gefahren informieren.
DAB+ spart Strom: Grünes Radio für mehr Nachhaltigkeit
In einem kürzlich von der BBC veröffentlichten Forschungsbericht[2] wurde der Gesamtenergieverbrauch aller analoger und digitaler Plattformen – Mittelwelle, Ultrakurzwelle, DAB+, DVBT und Streaming – verglichen. Danach erwies sich das digital-terrestrische Radio DAB+ mit nur 9 Wattstunden pro Gerätestunde als der Verbreitungsweg mit dem geringsten Energiebedarf.
Damit empfiehlt sich DAB+ nicht nur als umweltfreundlichste und nachhaltigste Form des Radios. Gerade die Wirtschaftlichkeit ist für private Anbieter ein entscheidender Faktor für die Erweiterung ihres Geschäftsmodells.
[1] Home Electronics Markt Index Deutschland. Ein Gemeinschaftsprojekt der gfu Consumer & Home Electronics GmbH und der GfK.
[2] Chloe Fletcher & Jigna Chandaria: „The energy footprint of BBC radio services: now and in the future“