Etwa 13 Prozent der Haushalte haben mindestens ein DAB+-Radiogerät. Und: Ist so ein Gerät vorhanden, wird in den Haushalten Digitalradio-Empfang auch häufig genutzt. „DAB+ ist auf einem guten Weg – aber kein Selbstläufer. Die Medienanstalten, die Privaten, die Öffentlich-Rechtlichen, die Politik – alle müssen mitziehen. Und zwar alle in die gleiche Richtung.“ So hat Siegfried Schneider, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), gestern auf dem Digitalradiotag der Medienanstalten in Berlin die neuesten Zahlen zur wachsenden Marktdurchdringung von DAB+ aus dem Digitalisierungsbericht und einer von den Medienanstalten initiierten Pilotstudie zur DAB+-Nutzung eingeordnet.
In die Diskussion über Akzeptanz und Reichweite des digitalen Hörfunks in Deutschland ging es im Anschluss an die Präsentation der Studienergebnisse auf einem hochkarätig besetzten Podium.
So sprach Prof. Dr. Karola Wille, ARD-Vorsitzende und Intendantin des MDR, von einer „ermutigenden, aber noch nicht ausreichenden Dynamik“ der Entwicklung von DAB+. Um DAB+ neben der Internetverbreitung im Markt zu etablieren, sei nun die Politik gefragt. Wille forderte – wie auch die Medienanstalten – den verpflichtenden Einbau von Multinormchips in allen neuen Empfangsgeräten. Außerdem müsse die Frage, was mit frei werdenden UKW-Frequenzen geschehe, geklärt werden.
Steul kritisiert ARD
Der Intendant des Deutschlandradios, Dr. Willi Steul, bezeichnete in dem Zusammenhang Frequenzwechsel von bisher rein digitalen ARD-Programmen auf das analoge UKW – wie etwa beim Hessischen Rundfunk mit You FM (das zwar schon immer auf UKW sendete, aber 2013 durch etliche Frequenzen von hr2-kultur seine UKW-Reichweite stark ausbauen konnte, Anm. d. Red.) oder bei Radio Bremen mit „Next“ – als kontraproduktiv. Statt „falsche Signale zu setzen“, sei es vielmehr die Herausforderung, „gemeinsam mit allen Beteiligten noch mehr Anstrengungen für DAB+, die Technologie der Zukunft, zu unternehmen“.
Verpflichtende Multinormchips und kein fixes UKW-Abschaltdatum
Auch Klaus Schunk, der Vorsitzende des Fachbereichs Radio und Audiodienste beim Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) und Geschäftsführer/Programmdirektor von Radio Regenbogen, kritisierte die Frequenzwechsel-Praxis der Öffentlich-Rechtlichen. Dennoch spüre er eine „neue Qualität in der Diskussion um DAB+“. Die neuen Zahlen bestätigen die Sicht des VPRT. Schunk: „Wir wollen den verpflichtenden Einbau von Multinormchips, wir setzen weiter auf die Hybridstrategie mit allen Ausspielwegen und wir wollen kein Abschaltdatum für UKW.“
Auch „die Medienanstalten setzen auf eine hybride Strategie“ betonte Martin Deitenbeck, Mitglied des Fachausschusses Technik, Netze, Konvergenz der DLM und Geschäftsführer der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM). Um das terrestrische Digitalradio weiter voranzubringen, wollten die Medienanstalten die Voraussetzungen für mehr DAB+-Angebote schaffen. Aus dem Grund hätten die Medienanstalten die Anmeldung eines zweiten bundesweiten Multiplex beschlossen. Deitenbeck: „Eine Technik setzt sich immer dann besonders gut durch, wenn die Angebote stimmen.“
Olaf Hopp, der CEO von NRJ Germany, dessen Sender auf dem ersten bundesweiten Multiplex vertreten sind, sagte: „Wir sehen in DAB+ eine Chance, die Möglichkeiten der digitalen Transformation erfolgreich zu gestalten.“ Bei DAB+ bekäme man eine bundesweite Abdeckung zum Preis der UKW-Abdeckung eines mittelgroßen Ballungsraumes.
Zu einem Perspektivwechsel rief Holger Meinzer von Media Broadcast auf: „Wir beschäftigen uns zu wenig mit den Wachstumsmöglichkeiten durch DAB+“, kritisierte er. „DAB+ ist die beste Technologie für das Radio. Die Privaten sollten diese Chance, Wachstum zu generieren, auch nutzen.“