Mit dem von der NRW-Landesregierung angekündigten „Radiokonzept 2022“ beschäftigte sich am vergangenen Samstag auch eine Podiumsdiskussion auf dem diesjährigen Journalistentag des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW (DJV NRW) in Dortmund. Solange noch Gewinne erwirtschaftet würden, solle das Lokalfunksystem mit 44 Hörfunksendern erhalten bleiben, forderte im Rahmen dessen der medienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Alexander Vogt. Die Lokalfunkstationen seien die einzigen, die aus einigen Gemeinden überhaupt noch berichten würden. Nach Vogts Einschätzung könne der Lokalfunk noch 5 bis 10 Jahre auf UKW funktionieren.
Auf einem anderen Panel zwei Stunden zuvor wurde ebenfalls über die Zukunft des Lokalfunks diskutiert. Dort wurde angedeutet, dass die Betreiber defizitärer Lokalfunkstationen versuchen könnten, sich dieser im nächsten Jahr zu entledigen. Vogt forderte den NRW-Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) auf, ein Bekenntnis zum Erhalt der 44 Lokalstationen abzugeben. Dieser antwortete prompt mit Kritik an der rot-grünen Vorgängerregierung, diese habe Politik gegen die Akteure des NRW-Lokalfunks gemacht: „Bei den Akteuren ist das Bewusstsein ausgeprägt, dass ohne Veränderungen das System nicht überleben wird. Wenn sich der Lokalfunk anders aufstellen will, müssen wir die Rahmenbedingungen anpassen.“
Liminski verwies darauf, dass der Lokalfunk den Umstieg auf DAB+ nicht selbst finanzieren könne. Die Landesregierung setze auf eine gemeinsame Bestandsaufnahme mit den Marktakteuren. Ihr sei wichtig, dass der Lokalfunk nicht auseinanderfalle, so Liminski weiter. In ihrem Koalitionsvertrag bekenne sich die schwarz-gelbe Koalition zu dem Zwei-Säulen-Modell mit einer vereinsmäßig organisierten Veranstaltergemeinschaft als Lizenzinhaber und einer Betriebsgesellschaft, die für die Finanzierung des Lokalfunks sorgt: „Gedanke und Prinzip des Zwei-Säulen-Modells stellt die Landesregierung nicht in Frage.“
Auf eine DAB+-Bedarfsabfrage der Landesanstalt für Medien NRW reagierten 47 Veranstalter. Der Direktor der Landesanstalt Tobias Schmid sprach in Dortmund von „überwiegend ernsthaftem Bedarf“ seitens der Anbieter. Lokalfunkstationen hätten die Landesmedienanstalt NRW zudem darüber informiert, dass sie unter anderen Rahmenbedienungen an der Bedarfsanfrage teilgenommen hätten. Dem von Alexander Vogt vorgebrachten Argument, der Lokalfunk würde nicht wissen, was die DAB+-Ausstrahlung koste, entgegnete Schmid: „Sie hätten zum Hörer greifen und einen bekannten Anbieter für Rundfunkausstrahlung anrufen können, der hätte ihnen das gesagt.“
Im April 2019 soll die Novellierung des Landesmediengesetzes NRW den Landtag passieren und im Mai im Gesetzblatt erscheinen. Erst dann erfolgt die Ausschreibung der DAB+-Multiplexe – mit oder ohne Beteiligung des Lokalfunks, wie LfM NRW-Direktor Schmid auf der Tagung bekräftigte.
Keine Zukunft für DAB+ sehen die erfolgreichsten Lokalfunker in Nordrhein-Westfalen. „Internetradio ist die Zukunft, DAB+ ist ein Ablenkungsmanöver“, sagte Klaus Schrotthofer, Geschäftsführer der Mediengruppe Neue Westfälische, auf dem Journalistentag in Dortmund. In Ostwestfalen-Lippe und dem Kreis Warendorf wohnen nur 13,02 Prozent der Bevölkerung NRWs. Die sieben Lokalradios der ams, einem Verbund der ostwestfälischen Verlage unter Führung der Mediengruppe Neue Westfälische, stehen aber für 22 Prozent der Reichweite aller NRW-Lokalradios. Schon heute würden bis zu 40 Prozent der Radio Bielefeld-Hörer das Programm über das Internet hören. Der Hauptgrund, warum Hörer Radio Bielefeld einschalten, seien die lokalen Inhalte. Diese seien die Voraussetzung für die lokale Vermarktung und – damit einhergehend – auch für den Gewinn.
Über 150 Journalisten sind aktuell in Ostwestfalen und dem Kreis Warendorf damit beschäftigt 12 bis 18 Stunden lokales Programm zu veranstalten, sagte Schrotthofer. Die restlichen Stunden füllt der Rahmenprogrammanbieter Radio NRW aus Oberhausen auf. „Radio NRW ist ein sehr umstrittenes Konstrukt, weil die Menschen es nicht kennen,“ ergänzte Schrotthofer.
Doch das könnte sich bald ändern, Radio NRW hat Bedarf für drei Plätze im landesweiten DAB+-Multiplex in NRW angemeldet, bestätigte Udo Kreuer, Chefredakteur und stellv. Programmdirektor von Radio NRW, im Rahmen der Dortmunder Tagung. An dem Konzept für die drei Programme werde gearbeitet.