Der Rundfunkrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat Patricia Schlesinger mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt als Intendantin des rbb abberufen. Das teilte die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach nach einer Sondersitzung des Gremiums am Montag (15.8.) in Berlin mit. Die Abberufung erfolgte auf Grundlage von § 22 Abs. 2 des rbb-Staatsvertrags, der dem Rundfunkrat die Abberufung der Intendantin vor Ablauf der festgesetzten Amtszeit erlaubt. In geheimer Abstimmung sprachen sich 22 von 23 Anwesenden und damit die notwenige Zweidrittel-Mehrheit für diesen Schritt aus.
Zu den konkreten Gründen für die Abberufung äußerte sich von Kirchbach mit Blick auf die weiterhin laufende juristische Auseinandersetzung nicht, das Vertrauensverhältnis zu Schlesinger sei aber nachhaltig zerstört.
Friederike von Kirchbach: „Wir hoffen, dass der Rundfunkrat mit dieser Entscheidung dem rbb die Aufarbeitung der Vergangenheit und der aktuellen Vorwürfe erleichtert. Gleichzeitig ebnen wir damit den Weg für eine Neuwahl. Wir setzen Vertrauen in die Aufklärungsarbeit der aktuellen Geschäftsführung und des gesamten rbb und erwarten dazu jetzt kontinuierliche Berichterstattung an die Gremien. Der Weg für einen Neuanfang im Sender ist jetzt frei. Der Rundfunkrat wird unabhängig davon in seinen kommenden Beratungen seine eigene Rolle und Arbeitsweise kritisch hinterfragen.“
Der Rundfunkrat bestärkte den Verwaltungsrat des rbb in seiner entschlossenen Haltung zur Beendigung des Vertrages mit Patricia Schlesinger und in seinem Anspruch, die laufende Aufklärung verantwortlich zu begleiten und voranzutreiben.
Zu seiner nächsten Sondersitzung möchte der Rundfunkrat in rund zwei Wochen zusammenkommen. Dort wird es auch um das Verfahren für die Wahl des nächsten Intendanten oder der nächsten Intendantin gehen. Mit den Ergebnissen der aktuell im rbb laufenden Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei will sich der Rundfunkrat in einer eigenen Klausur beschäftigen.
Durch die Abberufung endet die Organschaft von Patricia Schlesinger als Intendantin des rbb mit dem Tag der Entscheidung und der Übermittlung einer entsprechenden Mitteilung durch die Vorsitzende des Rundfunkrates an Schlesinger.
(Quelle: Pressemitteilung des Rundfunkrats des Rundfunk Berlin-Brandenburg vom 15.08.2022)
Generalstaatsanwaltschaft fordert rbb-Akten zur Affäre Schlesinger
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat den Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) aufgefordert, Unterlagen im Fall Schlesinger zur Verfügung zu stellen.
Das bestätigte ein Sprecher der Behörde auf Anfrage. Nach Informationen des rbb-Rechercheteams kommt der Sender dieser Aufforderung nach. Er hat demnach elektronische Akten und E-Mail-Postfächer gesichert, Zugriffe auf diese werden protokolliert. Betroffen sind neben der Intendanz auch die juristische Direktion, die Verwaltungsdirektion und die Gremiengeschäftsstelle. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsnahme gegen die zurückgetretene Intendantin Patricia Schlesinger sowie ihren Ehemann und den ehemaligen rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf.
Schlesinger bestritt heute im rbb-Rundfunkrat die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Unter anderem geht es um ein Abendessen in Schlesingers Wohnung am 12.Februar 2022. Schlesinger hatte für das Essen 1.154,87 Euro dienstlich als „Bewirtungskosten“ abgerechnet. An dem Essen nahmen neben Schlesinger und ihrem Ehemann sieben weitere Gäste teil, darunter auch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Im rbb-Fernsehen hatte Slowik dazu erklärt, sie sei von einem privaten Treffen zur Einweihung der neuen Wohnung der Intendantin ausgegangen.
Bei ihrem Auftritt im Rundfunkrat ging Schlesinger heute auch auf dieses Essen ein und sagte: „Ich kann verstehen, dass einige Gäste den Rahmen dieser Treffen als privat empfunden haben. Mein Wunsch war es, interessante Persönlichkeiten zusammenzubringen, mich mit ihnen zu vernetzen, um damit die Verankerung des rbb in der Gesellschaft, die vorher nicht ausgeprägt war, zu stärken.“
Schlesingers Anwalt, Ralf Höcker, ergänzte auf Anfrage des rbb-Rechercheteams, die Einladung an Slowik sei am 23.01.2022 per WhatsApp erfolgt. Ein expliziter Anlass für die Einladung sei – anders als von Slowik dargestellt – nicht genannt worden. Slowik bestätigte dem rbb heute, dass sie weiterhin von einer Einladung zu einer Wohnungseinweihung und damit einem privaten Treffen ausgeht.
(Quelle: Pressemitteilung des Rundfunk Berlin-Brandenburg – rbb24 Recherche vom 15.08.2022)