30 Jahre Piratensender „Radio Bongo 500“

  • Mittwoch, 23. November 2022
  • Pressemitteilung der Radiofabrik

Vor genau 30 Jahren – am 23. November 1992 – nahm ein illegaler Piratensender in Salzburg seinen Betrieb auf. „Radio Bongo 500“ half dadurch mit, das österreichische Rundfunkmonopol zu beenden und ebnete den Weg für den Sendestart der Radiofabrik sechs Jahre später. Die Aktivist:innen waren einer Verfolgung mit Hubschraubereinsätzen, Verhaftungen und Bedrohung mit Dienstwaffen der Exekutive ausgesetzt, die heute unverständlich wirken. Der spätere Gründungs-Geschäftsführer der Radiofabrik, Wolfgang Hirner, hat auch „Radio Bongo 500“ mitgegründet und schildert im Interview mit dem Magazin „unerhört!“ die damaligen Umstände.

Österreich war in den 1990ern mit Albanien das letzte Land Europas mit einem Monopol des staatlichen Rundfunks. Ausgehend von Wien entstanden im ganzen Land ab 1991 Piratenradio-Stationen, die diese anachronistische Situation in Frage stellten und das Recht von privaten Initiativen und Unternehmen für den Betrieb eines Rundfunksenders einforderten. In Salzburg war es „Radio Bongo 500“, das ab November 1992 einmal pro Woche eine halbe Stunde Piratenradio von den Bergen um die Landeshauptstadt ausstrahlte. Ein Großteil der Aktiven waren Studierende der Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg, wo sogar einige Lehrende das illegale Radio öffentlich unterstützten und ein Einlenken des Staates hin zu einer pluralen elektronischen Medienlandschaft einmahnten.

Welchen skurrilen und auch bedrohlichen Situationen das Projekt damals ausgesetzt war, erzählte Wolfgang Hirner – Aktivist der ersten Stunde bei „Radio Bongo 500“ – kürzlich in einem ausführlichen Interview mit Daniel Bergerweiss für das Magazin „unerhört!“ auf der Radiofabrik (das Interview ist im Archiv der Station ohne zeitliche Beschränkung nachhörbar).

„Einmal wurde jemand von uns wegen Kirchenkritik von der Staatspolizei vorgeladen. Und die Stimme mit dem Mitschnitt verglichen, wenn auch erfolglos“, schildert Hirner eine eher unterhaltsame Episode. Und er könne sich bis heute die „verrückte Verfolgung durch Innenministerium und Funküberwachung der Post nicht erklären“. Zuletzt wurde er selbst im Oktober 1993 am Gaisberg mit Hubschraubereinsatz und gezogener Dienstwaffe verhaftet und mehrere Stunden festgehalten. Zu einer Strafe kam es nie, am Tag seiner Vorladung war Österreich gerade vom Europäischen Gerichtshof (EUGH) wegen des Rundfunkmonopols selbst verurteilt worden.

„Die Radiofabrik – aber auch unsere gesamte demokratische Gesellschaft – ist den damaligen Pirat:innen zu Dank verpflichtet. Sie sind ein historisches Beispiel für gewaltfreien, aktivistischen Widerstand gegen einen Staat, der Grundrechte vorenthält“, sagt Alf Altendorf, kaufmännischer Geschäftsführer der Radiofabrik und früher selbst im Piratenradio in Wien aktiv. Nicht vergessen werden dürfen auch die vielen weiblichen Aktivistinnen: Die Radiofabrik hat auf einer Sonder-Webseite zu „Radio Bongo“ deshalb auch feministisches Material gesammelt und veröffentlicht.

„Es hat irre viel Spaß gemacht, und wir konnten politisch etwas bewegen“, resümiert Wolfgang Hirner im Interview. Sechs Jahre nach „Radio Bongo“ war er der erste Geschäftsführer des dann legalen Freien Radios Salzburg.

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