Während die Mittelwelle in Deutschland und weiten Teilen Europas mittlerweile weitgehend Geschichte ist, läuft in den USA aktuell eine intensive Debatte darüber, ob die Mittelwelle künftig weiterhin einen Platz in Autoradios haben soll. Zahlreiche große in den USA aktive Autokonzerne denken darüber nach, künftig ihre Autoradios ohne Mittelwellenempfänger auszustatten – unter ihnen BMW, Mazda, VW, Volvo und Polestar.
Insbesondere aus E-Autos würden die Unternehmen die Mittelwellenradios gerne verbannen und verweisen in diesem Kontext auf potentielle elektromagnetische Interferenzen, die den Empfang stören könnten. Doch auch losgelöst von diesen technischen Aspekten sehen viele Autokonzerne in der Mittelwelle keine zukunftsfähige Technologie – und würden deshalb lieber auf Alternativen wie Streaming, digitales Satellitenradio, UKW und HD-Radio, ein in den USA genutztes terrestrisches digitales Radiosystem, setzen.
Teslas E-Autos haben bereits seit 2018 keine Mittelwellenradios an Bord. Auch der US-Autoriese Ford hatte ursprünglich angekündigt, seine neuen Modelle in den USA künftig ohne Mittelwellen-fähige Radioempfänger auszustatten. Vergangene Woche revidierte der Konzern allerdings diese Entscheidung. Autos der Marken Ford und Lincoln werden demnach in den Staaten auch 2024 weiterhin Radios mit Mittelwellenfunktion an Bord haben. Bei Modellen, die bereits über kein Mittelwellen-fähiges Radio mehr verfügen, soll ein Softwareupdate die AM-Funktion zurückbringen.
In Washington formiert sich Widerstand
Die Kehrtwende kommt, nachdem Radioverbände und die Politik in Washington Bedenken gegen diesen Schritt geäußert hatten. In der Hauptstadt hatte sich politischer Widerstand gegen die Pläne der Autokonzerne formiert. Eine Gruppe von Politikern aus beiden Parteien hat vor zwei Wochen im Kongress einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Autohersteller verpflichten soll, weiterhin Mittelwellen-fähige Autoradios einzubauen. Zu dem prominenten Unterstützern der Gesetzesinitiative zählen der republikanische Senator Ted Cruz aus Texas und sein demokratischer Kollege Ed Markey aus Massachusetts. Die Unterstützer der Initiative verweisen unter anderem auf die Bedeutung der Mittelwelle als Informationsmedium in Krisenfällen und auf die große geographische Reichweite. Auch die Spitze der US-Kommunikationsbehörde FCC unterstützt den Vorstoß. Zudem haben sich rund 100 Mitglieder des US-Repräsentantenhauses mit einem gemeinsamen Schreiben an die Autoindustrie gewandt.
Auch der US-Radiobranchenverband NAB setzt sich intensiv für den Verbleib der Mittelwelle in Autoradios ein. Der Verband hat eine „Depend on AM Radio“-Kampagnenwebseite veröffentlicht. Dort wird vorgerechnet, dass noch rund 80 Millionen US-Amerikaner auf monatlicher Basis Mittelwellenradio hören. NAB verweist zudem auf die Bedeutung der Mittelwelle für ländliche Räume und als bedeutender Ausspielweg für Radioprogramme für Minderheiten.