Geld, Autos, Reisen – von Flensburg bis Freiburg, von der jungen Welle MDR Jump (10.000 Euro …) bis zur Oldiewelle MDR 1 Radio Sachsen (Mallorca Reisen) veranstalten Radiosender im Herbst wieder Gewinnspiele mit attraktiven, teilweise recht kostspieligen Preisen.
Diese Major Promotions können Positives für einen Sender bewirken, wenn sie zum Sender passen, nicht vom Wettbewerb besetzt und sinnvoll ein- und umgesetzt sind.
Aber:
Wir schreiben 2015, kämpfen mit zunehmender Audiokonkurrenz und sehen bei anderen Mediengattungen, wie diese in horrender Geschwindigkeit Marktanteile abgeben – und wir machen gerade beim Einsatz von Gewinnspielen manchmal immer noch dieselben Fehler wie vor 30 Jahren, als es in Deutschland noch wenig Radio- und null Online-Wettbewerb gab.
Die häufigsten Fehler im Bereich Major Promotions:
1., Imageprobleme ignorieren
Sender veranstalten riesige Gewinnspiele mit immens teuren Preisen, obwohl sie ganz andere Probleme haben. Sie nehmen es aber in Kauf, ihre Image-Defizite sechs Wochen für die 15% gewinnspielaffinen Hörer (Durchschnittswert der Hörer, die bereit sind, für ein attraktives Gewinnspiel einen Sender zu wechseln) mit Bargeld, Reisen, Autos zuzudecken und eine kleine Menge Hörer zu „kaufen“, während für die Mehrheit, die sich nicht für Gewinnspiele interessiert, die Probleme am Morgen, in der Musik oder in der Gesamtpositionierung erhalten bleiben.
Super, wenn eine Promotion gleichzeitig ein Image-Problem „totschlägt“ (Musikpromotion bei Musik- Positionierungs-Problemen, inhaltliche Morgenshow- Promotion bei Problemen mit der Morgensendung usw.). Geldverschwendung, wenn ein Gewinnspiel auf kurzfristigen Hörerkauf abzielt und der Gewinnspielmodus nicht parallel ein Imagedefizit zu beheben versucht.
2., Promotions ohne Verabredung
Sender veranstalten Gewinnspiele mit immens teuren Preisen, sagen dem Hörer aber nicht, wann er einschalten muss, um zu gewinnen.
Ich höre die Argumentation immer wieder und werde sie nie verstehen: „Ja, aber die Leute sollen ja den ganzen Tag hören“. Ich halte das für die völlig falsche Herangehensweise, denn das macht Hörer eher unzufrieden. Stellen Sie sich vor, Sie hören in Ihrem Lieblingssender von einem interessanten Preis, den sie gerne gewinnen möchten und hören diesen Sender an einem Morgen dafür ca. eine halbe Stunde am Stück (realistische Hördauer!), z.B. zwischen 6 Uhr 30 und 7 Uhr – aber keine Spur von dem Gewinnspiel, für das sie eingeschaltet haben. Am nächsten Morgen geben Sie dem Sender noch mal eine Chance. Sie hören immer wieder Promos von tollen Preisen, aber keinen Aufruf, nun mitzumachen und auch keinen Hinweis, wann genau es den tollen Preis zu gewinnen gibt. Am übernächsten Morgen… geben Sie dem Sender wahrscheinlich keine Chance mehr.
Im Jahr 2015 wartet kaum ein Radiohörer „den ganzen Tag“ auf seine Gewinnchance. Gewinnspiele ohne Verabredungen verprellen Hörer eher als diese zu binden.
3., Insider- Denken bei Musikgewinnspielen.
„Achten Sie in dieser Stunde auf diesen Hit… und gewinnen Sie 100 Euro wenn er läuft“. Einfach aber wirkungsvoll. Hier hat jeder eine Gewinnchance.
„Achten Sie heute auf die Hits von Rihanna und gewinnen Sie 1000 Euro, wann immer Sie einen hören“. Ob jemand der älter ist als 25 oder 30 tatsächlich Rihanna von Beyoncé oder Ellie Goulding von Ella Henderson unterscheiden kann? Die Mitmachquoten bei Gewinnspielen sind sowieso sehr gering. Bei einem solchen Musikgewinnspiel mit Preisen von 100 Euro stündlich oder 1000 Euro mehrmals täglich liegen sie kaum über 10%. Mit allem, was diese Spiele schwieriger macht, sinken sie garantiert in den einstelligen Bereich.
4., Informations- Overkill.
Eine Promotion mit allen Regeln muss in drei Sätzen erklärbar sein, ansonsten gehört sie nicht in einen Musiksender.
„Hit hören, 100 Euro gewinnen“. Prima!
„Wenn Sie die Hits von Rihanna erkennen und Anrufer Nummer 10 sind, gewinnen Sie 1000 Euro. Wenn Sie dann auch noch eine Frage zu Rihanna beantworten können, verdoppeln wir auf 2000 Euro. Rihannas Lebensgeschichte zum Nachlesen finden Sie auf unserer Homepage. Dort können Sie auch in alle Hits von Rihanna reinhören. Und wenn Sie den ganzen Tag dranbleiben, dann verraten wir Ihnen auch genau die Details, die wir in unseren Fragen wissen wollen. Damit Sie noch leichter aus 1000 Euro 2000 Euro machen können. Wer der jeweilige Künstler ist, der Ihnen mit seinen Songs 1000 und mit Fakten aus seinem Leben, sogar 2000 Euro bringt, das verraten wir Ihnen immer um zehn nach 7“.
Zugegeben, das Rihanna Beispiel gibt es so nicht. Aber ausreichend andere Gewinnspiele, die mindestens genauso kompliziert erklärt werden und mindestens um genauso viele Ecken führen anstatt direkt zum Ziel.
5., Die Mehrheit vergessen
Wenn sich ein ganzer Sender nur noch um ein Gewinnspiel dreht, ist das ein Minderheitenprogramm, das sich kommerzielle Veranstalter nicht leisten können. Wir machen Gewinnspiele immer für eine Minderheit. Selbst, wenn wir ein sehr, sehr attraktives Gewinnspiel mit sehr, sehr großen Geldpreisen auf dem Sender haben, ist es kaum zu schaffen, eine Mitmachquote über 30% zu erreichen. Auch attraktive Spiele sind Promotions für Minderheiten.
Wenn Major Promotions zielgerichtet eingesetzt und schlank umgesetzt werden, wenn es Verabredungen mit dem Hörer gibt, jeder eine Gewinnchance hat und das Spiel noch ausreichend Raum für das lässt, wofür ein Sender von der Mehrheit eingeschaltet wird, dann – und nur dann – können Promotions eine Menge für ein Produkt tun: Images und Quoten optimieren.
Ich wünsche dabei
gutes Gelingen!
Herzlichst,
Yvonne Malak
Yvonne Malak
Erfolgreich Radio machen 2015,
320 Seiten, 25 farb. Abb., Klappenbroschur
ISBN 978-3-86764-553-9
34,99 € UVK Verlag Konstanz
http://www.uvk.de/isbn/9783867645539
Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Dezember 2015.
Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/