Deutsche Internutzer kannten es lange von Musikvideos auf YouTube, die wegen dem Streit zwischen der Musikplattform und der GEMA nicht abrufbar waren und stattdessen nur ein trauriges rotes Smiley auf dem Bildschirm erschien. In Bulgarien trifft es nun Radiohörer. Das öffentlich-rechtliche Radio dort, BNR, liegt im Streit mit der bulgarischen Musik-Verwertungsgesellschaft Musicautor. BNR kann deshalb seit dem Jahreswechsel auf über 14 Millionen Titel aus aller Welt nicht mehr zurückgreifen und spielt in seinen Programmen seitdem hauptsächlich klassische Musik, Eigenproduktionen und Volksmusik aus den Rundfunkarchiven. Nach Aussagen von BNR bleibt der Sendeanstalt aktuell der Zugriff auf 95 Prozent des heute gängigen Musikrepertoires verwehrt.
Die Verwertungsgesellschaft möchte erreichen, dass BNR in Zukunft mehr für die Musiknutzung zahlt und hat deshalb den bisher geltenden Vertrag gekündigt. Für den neuen Vertragszeitraum sollen die Abgaben verdreifacht werden. Damit würden sie aber nur – so die Sicht von Musicautor – auf ein im übrigen Europa übliches Niveau angehoben werden. BNR gebe aktuell rund 1 Prozent der Zahlungen, die das öffentlich-rechtliche Rundfunk aus dem Staatshaushalt erhält, an die Verwertungsgesellschaft weiter. In anderen europäischen Ländern läge dieser Anteil bei zwischen zwei und fünf Prozent, rechnet Musicautor laut der Presseagentur Novinite vor. Die Rundfunkanstalt erklärt hingegen, dass man sich eine solche Erhöhung schlicht nicht leisten könne. Die Verwertungsgesellschaft nutze schamlos ihre Monopolstellung aus. Sollte es zu der geforderten Erhöhung kommen, müsste der Sender an anderer Stelle sparen und im Gegenzug Regionalstudios schließen. Der Streit hat derweil kuriose Folgen. An Neujahr konnten die Hörer von BNR nicht die gewohnte Fassung der Nationalhymne hören, denn auch sie ist Teil des gesperrten Musikpakets. Stattdessen griff BNR auf eine Einspielung des eigenen Rundfunkorchesters zurück.