Der WDR-Rundfunkrat hat die Programmänderungen bei WDR 2 und WDR 4, die der Sender vor gut einem Jahr vollzogen hat, durch ein Gutachten überprüfen lassen. „Insgesamt zeigen die Reformen solide Erfolge“, sagt der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums, Andreas Meyer-Lauber. „Bei der Programmqualität allerdings, die für den WDR-Rundfunkrat im Vordergrund steht, gibt es Ansatzpunkte zur Verbesserung.“
Die Analyse der Medien- und Kommunikationswissenschaftler Konrad Scherfer und Helmut Volpers aus Köln zeige, dass seit der Reform beide Wellen besser unterscheidbar und auf ihre jeweiligen Zielgruppen abgestimmt seien. Im Gutachten heißt es zum Informationsanteil im Programm von WDR 2: „Die Informationsleistung ist nicht gesunken, sondern auf vergleichsweise hohem Niveau erhalten geblieben. Hierdurch werden Hörer angesprochen, denen das Informationsniveau bei radio NRW zu niedrig ist, die aber zugleich im Hörfunk einen unkomplizierten Tagesbegleiter suchen.“
Dagegen hat die Unterhaltungswelle WDR 4 zwar am Wochenende Erfolg mit regional geprägtem Programm. Allerdings ist wochentags keine qualitative Aufwertung der journalistischen Inhalte bzw. redaktionelle Vertiefung durch Hintergrundberichterstattung zu erkennen, attestieren die Gutachter: „In der Sendezeit montags bis freitags von 6 bis 21 Uhr sind sowohl der Informationsumfang als auch der NRW-Bezug leicht gesunken.“
„Die Abgrenzung zwischen WDR 2 und WDR 4 ist deutlicher geworden und somit das Gesamtwellenkonzept stringenter auf die jeweilige Zielgruppe optimiert“, heißt es weiter im Gutachten. Und an anderer Stelle: „Die Inhaltsanalyse zeigt also, dass die beiden Programmprofile deutlich voneinander unterscheidbar sind und diese Abgrenzung nicht nur über die Musikfarbe erreicht wird.“
Moderatoren-Geplauder ersetzt Radio-Comedy und aufwändige Beiträge
Dem Anspruch, die journalistische Qualität von WDR 2 und WDR 4 zu stärken, wird allerdings der Rückgang der Formatvielfalt nicht gerecht. Aufwändige, gebaute Beiträge (Mischung aus einem vorproduzierten Text mit O-Tönen) oder Radiocomedy (‚Die von der Leyens‘, ‚WDR 2 Zugabe‘) sind seltener zu hören, dafür gibt es mehr Moderatoren-Geplauder oder Hinweise in eigener Sache.
„Zu einem hochwertigen öffentlich-rechtlichen Radioprogramm zählen aus Sicht der Gutachter vielfältige radiojournalistische Darstellungsformen. Die Entscheidung von WDR 2 und WDR 4, im informierenden Wortprogramm von Montag bis Freitag nahezu ausschließlich Kollegengespräche, Korrespondentenberichte und Interviews einzusetzen, sollte auf den Prüfstand. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die beiden Wellen ihre medienspezifischen Formen derart beschneiden. Zu einer Informationsleitwelle wie WDR 2 gehören aus Gutachterperspektive neben den genannten radiojournalistischen Formen auch ‚gebauter Beitrag‘, Kommentar oder Glosse“, bemängeln die Wissenschaftler.
Zu viele Gewinnspiele – öffentlich-rechtlicher Charakter von WDR 2 gefährdet?
Die Gutachter kritisieren insbesondere die hohe Zahl von Gewinnspielen in beiden Wellen; eine weitere Zunahme könnte sich negativ auf WDR 2 auswirken. „Falls man die Spirale mit entsprechend banalen Gewinnspielen weiterdreht, könnte der öffentlich-rechtliche Charakter einer ‚Informationsleitwelle‘ bei WDR 2 infrage gestellt werden“, mahnen sie. „Selbst wenn man die Perspektive des Publikums berücksichtigt, das an diesen Inhalten Spaß haben mag, ist die starke Dominanz der Gewinnspiele für einen öffentlich -rechtlichen Sender frappierend“, lautet ihr Urteil zu den Gewinnspielen in der WDR4-Morningshow.
Im Auftrag des WDR-Rundfunkrats werteten die Gutachter (die-netzberater.de) die Programme von WDR 2 und WDR 4 qualitativ und quantitativ aus. Sie analysierten für beide Wellen jeweils eine Sendewoche vor und nach den Reformen. Zudem flossen Ergebnisse aus der Medienforschung ein. Mit den Ergebnissen wird sich nun der Programmausschuss des Rundfunkrats befassen, um Empfehlungen an den Sender abzuleiten.