Gestern hat der Hessische Rundfunk (hr) im Funkhaus am Dornbusch offiziell vorgestellt, wie seine Kulturberichterstattung im Audiobereich künftig aussehen soll. Als Teil des Reformkonzepts wird es ab dem 14. September zu Änderungen im Programm von hr2-Kultur kommen.
Als der hr im vergangenen Jahr erstmalig ankündigte, sein Kulturradio hr2 reformieren zu wollen, erntete er dafür einigen Gegenwind aus Hessens Kulturszene, in der so mancher einen Kahlschlag bei den Wortinhalten befürchtete. Insbesondere die damalige Verwendung des Begriffs „Klassikwelle“ sei eine unglückliche Wahl gewesen und habe falsche Befürchtungen genährt, rekapitulierte die hr-Spitze gestern selbstkritisch.
Was wird sich also ab kommender Woche am Programm von hr2-Kultur ändern? Klassik wird zur bestimmenden Musikfarbe in der Tagesschiene. hr2-Kultur zeichnete sich bisher dadurch aus, dass auch tagsüber unterschiedliche Musikfarben im Programm nebeneinander ihren Platz fanden. In der heutigen Zeit und mit Blick auf das veränderte Mediennutzungsverhalten funktioniere der bisher von hr2 verfolgte Ansatz allerdings nicht mehr, ist man bei der ARD-Anstalt überzeugt. Der Hörer habe zu viele Alternativen zur Hand, bei entsprechenden Brüchen im Programm würden deshalb viele ab- oder umschalten.
Nicht zuletzt auch die rückläufigen MA-Ergebnisse von hr2-Kultur in den vergangenen Jahren boten Anlass über eine Neuausrichtung nachzudenken. Im Tagesprogramm wird es nun offenere, fließende Programmflächen anstatt fixer Sendungen geben. Vieles wird Stammhörern von hr2-Kultur auch nach Montag trotzdem weiterhin vertraut vorkommen, denn Flaggschiffsendungen wie „Der Tag“ oder „Doppelkopf“ behalten ihre angestammten Sendeplätze am Vorabend bzw. Mittag. Gedankenspiele, die Hintergrundsendung „Der Tag“ – einst bei hr1 gestartet – zu hr-Info zu verschieben, wurden ad acta gelegt. Ebenfalls im linearen Programm bestehen bleiben die Lesung, das Feature, die Frühkritik, der morgendliche Zuspruch, ein Sendeplatz für Hörspiele sowie die „Hörbar“ (wochentags 19-20 Uhr). Am späteren Abend wird es weiterhin Jazz und Weltmusik geben.
Moderatoren mehr in den Fokus rücken
Die Moderatorinnen und Moderatoren sollen künftig stärker im Programm präsent sein, als Bindeglied zwischen den Programmelementen fungieren und Themen einordnen. Hörerbefragungen hätten gezeigt, dass gerade die Moderatorenriege von der Hörerschaft besonders positiv beurteilt würde, sagte hr-Intendant Manfred Krupp.
Kinderfunk als Podcast
Beim Kinderfunk setzt nun auch der hr auf Podcasts als Hauptverbreitungsweg und folgt damit einer Entwicklung, die bereits einige öffentlich-rechtliche Häuser durchlaufen haben. „5xW – Der Wer-Wie-Wo-WigWam“ heißt der neue Wissens-Podcast für Grundschulkinder, der zum Jahresende starten soll. Im linearen Programm von hr2-kultur rutscht die Kindersendung „Lauschinsel“ vom Samstagnachmittag auf den Sonntagmorgen. Samstags hebt der hr künftig Archivschätze (14-15 Uhr), sonntags werden Künstlerinnen und Künstler in „Zwei bis vier – Menschen und ihre Musik“ ihre Lieblingsmusik vorstellen und der hr begibt sich in das „Literaturland Hessen“. Neu sind zudem thematische Wochenschwerpunkte – zum Auftakt macht sich hr2-Kultur auf die Suche nach den Spuren des kolonialen Erbes in Hessen und setzt sich u.a. mit der Geschichte der Deutschen Kolonialschule im nordhessischen Witzenhausen auseinander.
Digital First
Doch die Änderungen im Programm von hr2-Kultur sind nur eine Komponente der Neujustierung im Kulturbereich. Der hr baut eine medienübergreifende redaktionelle Kultur-Unit auf und folgt damit dem Modell, das man bereits für den Bereich Hesseninformation praktiziert hat. Digital First heißt das Motto, also die Kulturangebote auf hessenschau.de, als Podcasts oder für die ARD Audiothek passgenau aufzubereiten – mit entsprechenden Rückflüssen ins lineare hr2-Programm oder in andere Wellen wie hr-Info. Mit dem neuen Konzept sollen wieder mehr jüngere Nutzerinnen und Nutzer erreicht und im Digitalen abgeholt werden. Gerade hessenschau.de habe eine kulturaffine Nutzerschaft, die es anzusprechen gelte. Ganz ähnlich wie in der Mediathek im TV-Bereich sind künftig auch eigene exklusive Formate für die ARD Audiothek denkbar.