Israel hat seine 1965 gegründete öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt IBA geschlossen. Übernehmen wird die neu gegründete Nachfolgeinstitution KAN („Hier“). Am 10. Mai gab es einen tränenreichen Abschied in der Nachrichtensendung des ersten IBA-Fernsehkanals, die seit 49 Jahren auf Sendung war. Auch während des Eurovision Song Contest (ESC) in Kiew konnten die Fernsehzuschauer in Europa bei der Punktevergabe einen bewegten Moderator erleben, der sich im Namen der IBA aus der europäischen Fernsehfamilie verabschiedete. Der ESC 2017 war die letzte Sendung der IBA-Ära. Auch wenn der Übergang schon länger im Raum stand, erfolgte die endgültige Abschaltung mit extrem kurzem Vorlauf. Nur wenige Stunden vor derm Sendeende wurden die Mitarbeiter informiert. Am 15. Mai startete dann die KAN ihren Betrieb.
Knapp die Hälfte bisherigen IBA-Mitarbeiter wechselt in die neue Sendeanstalt, aber rund 600 stehen auf der Straße. Im Hintergrund läuft ein Konflikt darum, wie unabhängig die neue Sendeanstalt sein wird. Die rechtskonservative Regierung Netanjahu hatte der IBA über die Jahre immer wieder einseitige Berichterstattung zu ihren Ungunsten vorgeworfen, ihre Einstellung steht schon länger auf ihrer Wunschliste. Die Opposition wirft hingegen Netanjahu vor, er habe die IBA abgewickelt, um sie als kritische Stimme mundtot zu machen. Wobei Netanjahu in den letzten Monaten eine Schaukelpolitik verfolgte, erst hatte er die KAN mit auf den Weg gebracht, in den letzten Monaten aber deren Start verschleppt. Israelische Pressestimmen vermuten, dass Netanjahu mehr Zugriffsrechte für die Regierung auf die neue Anstalt durchsetzen wollte, die ist nun nämlich wesentlich unabhängiger von politischem Einfluss konstruiert als ihr Vorgänger.
Die israelische Regierung hat sich in den letzten Wochen ein kompliziertes neues System erdacht – die Informations- und die Unterhaltungssparte der KAN sollen in zwei getrennte Sendeanstalten gegliedert werden, die sich die Studios, Ausrüstung und Gebäude teilen. Die Nachrichten-Sendeanstalt soll die Nachrichten, die Hälfte der Programme im 1. Fernsehprogramm, das Radioprogramm Reshet Bet und die digitalen Inhalte produzieren. Die Anstalt ist aber noch gar nicht gegründet. Für Israels Steuerzahler wird die neue Doppelstruktur teuer, sind doch zwei Managements und Aufsichtsräte zu bezahlen. Dazu sind unzählige Kompetenzkonflikte vorprogrammiert. Israels Oberstes Gericht hat nun interverniert und die Aufteilung vorläufig gestoppt.
Die IBA produziert zwei Fernsehkanäle, einen in Hebräisch und einen in Arabisch, und acht Radioprogramme, die zur KAN übergehen. Während es in den quotenschwachen Fernsehprogrammen, die künftig als KAN11 und KAN33 auftreten, Änderungen geben soll, wird es im Radiobereich mit der bestehenden Struktur weitergehen. Die Infowelle Reshet Bet fällt wie erwähnt künftig in den Verantwortungsbereich der zu gründenden Informationssparte, wenn die Regierung ihren Plan am Ende umsetzen kann. Einschnitte für Reka, das Programm in den Minderheitensprachen, wurden in den letzten Wochen diskutiert. Es sendet vor allem in Russich für die zahlreichen Einwanderer aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die in den letzten Jahrzehnten nach Israel gekommen sind, aber auch in zahlreichen anderen Sprachen. Fortgesetzt werden ebenfalls Reshet Gimmel, Moreshnet, 88FM, KolHaMusika, Tarbut (bisher Reshet Aleph) und das arabischsprachige Reshet Daled, das umbenannt wird. Dazu hat die Koalition beschlossen, dass es ein Programm für die orthodoxe Bevölkerung, Haredi, geben soll. „Haaretz“ berichtet zudem, dass das religiöse Programm Moreshnet besonders im Gesetz verankert werden soll, die Führung der KAN es also nicht einstellen oder verändern darf. Ein Zugeständnis an die religiösen Parteien, die Netanjahu die Mehrheit in der Knesset verschaffen. Dazu bietet KAN sieben Musikchannels im Netz an. Das Programm von Kol Israel in Farsi, das sich an die jüdische Minderheit im Iran richtete, wurde hingegen eingestellt.