Heute geht die ARD Radiofestival-Sommerreihe „Nachts um halb elf…“auf den ARD-Kulturwellen zu Ende. In der Mediathek können die sehr hörenswerten acht Folgen aber noch ein Jahr lang abgerufen werden. Es lohnt sich.
Die Featurereihe begibt sich auf eine Reise durch die Nacht und zu ihren Hauptdarstellern. Den Menschen, die nachts arbeiten, feiern oder unterwegs sind. Sie führt die Hörer in einen Berliner „Späti“, zu einem Türsteher auf die Reeperbahn, ins Flüchtlingsheim in Baden-Baden, zum Schichtwechsel im Stahlwerk oder mit Fischern auf hohe See.
Der Beitrag von Annelien Van Heymbeeck lässt die Protagonisten der Nacht selber sprechen – die Kunden des Neuköllner „Spätis“- Künstler, Zugezogene und Alteingesessene – philosphieren über die Nacht an sich, die Gentrifizierung des Viertels oder das Älterwerden. Im Späti laufen die Nachtschwärmer allen Alters auf, wollen ein letztes Bier, billigen Wein, Süßigkeiten oder ein Eis für ihr Mädchen. Sie erzählen Fetzen aus ihrer Lebensgeschichte oder von ihren Träumen und schon sind sie auch wieder weg, entschwunden in die Nacht. Was ist das Wesen der Nacht – ist sie eine Phase der Ruhe oder Unruhe, der Lebenslust, Offenheit, der Gemeinsamkeit oder Einsamkeit und ist sie gleicher als der Tag?
NDR-Reporterin Elise Landschek begleitet in ihrem Beitrag den Türsteher Viktor Hacker bei seiner Arbeit auf der Partymeile Reeperbahn – es geht um alte Zeiten auf dem Kiez, Flaschensammler und Obdachlose, Betrunkene und um Jugendliche und ihre Versuche, es doch noch in den Club zu schaffen. „Der Türsteher ist wie der Bassist in der Band. Man bemerkt ihn erst dann, wenn er nicht da ist“, sagt Hacker.
Comedian Abdelkarim, der beim BR das Format StandUpMigranten moderiert, hat sich auf einen nächtlichen Rundgang durch die „Perle des Ruhrgebietes“ oder in seinen Worten dem „schöneren Vorort von Düsseldorf“, Duisburg, begeben.
Die Nacht ist auch eine Zeit der Arbeit – der SR schaut sich in seinem Feature solche Arbeitsplätze in Saarbrücken an – im Stahlwerk, Bordell oder Radiostudio. Radio Bremen-Reporter Jens Schellhass sticht mit Hochseefischern in See. Harte Arbeit auf diesem „schippernden Stück Deutschland“ auf hoher See. Er spannt ein akustisches Netz über diesen Nachttrip.
Das BR-Feature nimmt sich Schattenseiten der Nacht an, der „Todesstrecke“ zwischen München und Passau – einer Bundesstraße, auf der sich immer wieder Jugendliche betrunken nach dem Discobesuch zu Tode rasen. Rund 300 Menschen sind in den vergangenen 30 Jahren auf der B12 gestorben, an der es – wenn es noch erlaubt wäre, welche aufzustellen – mehr Gedenkkreuze als Begrenzungspfosten gäbe. Der SWR hat ein Flüchtlingsheim in Baden-Baden besucht und sich die Arbeit einer Gruppe von freiwilligen Helfern und den Alltag im Heim angeschaut. Der MDR reist zum Abschluss der Reihe nach Zittau in die Grenzlandschaft des Dreiländerecks zwischen Sachsen, Polen und Tschechien.
„Nachts um halb elf…“ bietet zahlreiche interessante Begegnungen mit Menschen. Noch bis Mitte 2016 zum Nachhören in der ARD Mediathek und zum Download als Podcast.
Das ARD-Radiofestival ist das gemeinsame Abendprogramm der ARD-Kulturradios von Mitte Juli bis Mitte September.