Seit Dezember hat Moskaus einziger englischsprachiger Radiosender einen neuen Namen – aus Moscow FM wurde Capital FM. Das Programm ging erstmalig im November 2012 auf der UKW-Frequenz 105,2 MHz auf Sendung, betrieben wird es von Moscow Media, der Mediengruppe der Moskauer Stadtregierung.
In den letzten Monaten gab es weitere Veränderungen im hart umkämpften Moskauer Radiomarkt, auf dem rund 50 Stationen um die Gunst der Hauptstädter wetteifern. Hinter den großen russischen Sendergruppen stehen mittlerweile zumeist Oligarchen – Milliardäre, die ihr Vermögen in der Rohstoffindustrie gemacht haben und nun im Mediensektor ihr Geld anlegen. Auch der Staat tritt über Staatsunternehmen wie Gazprom immer mehr als direkter Marktakteur auf. Die meisten Radiosender sind dabei reine Musik- und Unterhaltungswellen, auf denen Politik keine hervorgehobene Rolle spielt. Mit der Lagardère Gruppe verabschiedete sich 2011 der letzte ausländische Medienkonzern aus Russlands Radiomarkt, damals verkauften die Franzosen ihre russische Tochter emg an eine inländische Investorengruppe. 2014 beschloss Russland zudem ausländische Investments im Mediensektor per Gesetz auf 20 Prozent zu begrenzen, was im Radiobereich im Gegensatz zum Zeitschriftenmarkt allerdings ohne Auswirkung blieb.
Die angesprochene Mediengruppe emg (Europa Plus, Dorozhnoe Radio, Retro FM, Sport FM, Radio 7, Eldoradio) hat in den letzten Wochen zwei ihrer bis dato sieben UKW-Frequenzen in Moskau verkauft.
Auf 89,9 MHz sendete bisher Keks FM, das durch „Strana FM“ ersetzt wurde. Der neue Sender fährt ein Adult CHR-Format und spielt ausschließlich russischsprachige Popmusik. Strana FM (zu deutsch: Land) startete parallel in St. Petersburg auf der UKW-Frequenz 102,0 MHz, dort war bisher Radio Roks zu hören. Hinter dem neuen Programm stehen die einstigen Gründer des landesweiten Senders Radio Shanson, welcher erst im April für rund 60 Millionen Dollar an die Mediengruppe des Ölmilliardärs Michail Guzerijew verkauft wurde. Dieser kontrolliert bereits Radio Dacha und Love Radio sowie die Moskauer Radiosender Taxi FM, Vostok FM, Vesna FM und Stolitsa FM. Letzteres steht allerdings nach russischen Medienberichten möglicherweise vor Veränderungen und könnte unter neuen Eignern ebenfalls zu einem Format mit russischsprachiger Musik wechseln. Stolitsa FM, russisch für Hauptstadt, hat damit genau genommen den gleichen Namen wie Capital FM.
Keks FM mit seinem 90er Jahre Danceformat gibt es jetzt nur noch in St. Petersburg auf UKW. Auf etlichen Lokalfrequenzen in der Provinz, die früher Keks FM ausstrahlten, startete emg bereits im Dezember 2014 als Nachfolgeprogramm Radio Dlya Druzey (Radio für Freunde), das sich an ältere Hörer richtet.
Ebenfalls verkauft hat emg die UKW-Frequenz 98,4 MHz in Moskau. Dort wurde in den letzten Jahren das landesweite Danceformat „Radio Record“ ausgestrahlt. Dessen Betreiber hatten eine entsprechende Vereinbarung mit emg geschlossen und suchen nun nach anderen Möglichkeiten in Moskau wieder auf UKW senden zu können. Seit November ist auf 98,4 MHz stattdessen „Novoe Radio“ zu hören, das auch eine weitere Frequenz in Jekaterinburg erworben hat. Auch hinter diesem Sender stehen millionenschwere Unternehmer aus der Rohstoffindustrie. Die Eigentümer sollen nach russischen Medienberichten auch ein Auge auf die benachbarte 98,0 MHz geworfen haben, die aktuell von Radio Chocolate genutzt wird. Radio Chocolate spielt softe westliche Pophits der 90er und 00er Jahre für eine weibliche Zielgruppe.
UKW-Frequenzen in Moskau wechselten in den letzten Jahren nach russischen Medienberichten für jeweils zwischen 8 und 10 Millionen Dollar den Besitzer. Noch nichts Neues ist vom Literaturradio Radio Kniga zu hören, das in diesem Jahr die bisher unbelegte Frequenz 105,0 MHz in Moskau zugeteilt bekam. Die finale Koordinierung gestaltet sich aber augenscheinlich schwierig.
Vor dem Abschluss steht nach Berichten in der russischen Presse der Einstieg des staatlichen Konzertveranstalters Goskonzert bei der Russian Media Group (Russkoe Radio, DFM, Radio Maximum, Hit FM, Radio Monte Carlo). Das Staatsunternehmen soll 78% an der Mediengruppe übernehmen, die bisher bei Managern des Ölkonzerns LukOil lagen. Finanziert wird der Deal nach russischen Medienberichten in Teilen durch Kredite der staatseigenen Bank VTB.
Gazprom Media (Autoradio, Humor FM, Energy, Romantika, Echo Moskwy, Like FM, Relax FM, Comedy Radio, Detskoe Radio) startete unterdessen sein zehntes UKW-Programm. Russkiye Pesni („Russische Lieder“) spezialisiert sich auf russische Musik, zu Beginn sendet man lediglich auf einer UKW-Frequenz im sibirischen Krasnojarsk (95,0 MHz), will aber nach und nach ein Sendernetz in der Provinz und den Großstädten aufbauen.
Die St. Petersburger Station „Piter FM 100.9“ wurde nach russischen Medienberichten übernommen. Sie gehört jetzt zu einer Senderfamilie mit Radio Vanja und Radio Dlya Dvoyikh („Radio für Zwei“). Die beiden letzteren verfügen über ein dichtes UKW-Netz in West- und Südrussland. Hinter dieser Gruppe stehen zwei Mitgründer und ehemalige Gesellschafter von Dorozhnoe Radio, das 2014 an emg verkauft wurde.