Der geplante Schlagersender des Norddeutschen Rundfunks, NDR Gold, bereitet seinen Sendestart vor. Einen konkreten Zeitpunkt möchte ein NDR Sprecher gegenüber der radioWOCHE jedoch noch nicht nennen: „Ein genaues Startdatum können wir derzeit nicht nennen, da wir den Entscheidungen der Länderparlamente nicht vorgreifen möchten“.
Die Länderparlamente von Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern müssen gemeinsam dem neuen NDR-Digitalradio-Staatsvertrag zustimmen. Mit Ausnahme von Hamburg gab es diese Zustimmungen bereits. Die Entscheidung für Hamburg steht in der kommenden Woche an: „Die Befassung der Hamburgischen Bürgerschaft wird voraussichtlich am 15./16. Juni stattfinden, so ein Sprecher gegenüber der radioWOCHE.
Sollte die Zustimmung erfolgen steht dem Sendestart von NDR Gold am 01. Juli 2016 nichts mehr im Wege.
Der NDR begründet die Schaffung der zusätzlichen Welle mit der „wieder gestiegenen Nachfrage nach einem Programmangebot mit Schlagern und deutschsprachigen Titeln“. Allerdings soll der Sender nicht als Vollprogramm ausgestrahlt werden. Geplant sind inhaltlich voll automatisierte Nachrichtenübernahmen von NDR Kultur, gepaart mit norddeutschen Informations- und Serviceangeboten.
NDR Gold soll den Verkehrskanal NDR Traffic im Digitalradio über DAB+ ersetzen. Dazu wird die derzeitige Bandbreite von NDR Traffic verdoppelt. Es kommt dadurch zu einer Modifikation der Verteilung der Datenraten in den NDR Multiplexen. Zum Empfang von NDR Gold ist ein DAB+ taugliches Radiogerät notwendig.
Der NDR plant in 2016 den weiteren Ausbau von DAB+ in folgenden Regionen:
September/Oktober 2016 Neubrandenburg
September/Oktober 2016 A20 zwischen Tessin und Grimmen
Oktober/November 2016 Region Osnabrück
Oktober/November 2016 Region Flensburg
Außerdem soll NDR Gold auch Über Satellit im DVB-S-Modus über ASTRA vertreitet werden.
Schlagerradio stößt auf wenig Gegenliebe
Die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) hat Zweifel, ob es Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, ein Schlagerprogramm auszustrahlen. So gibt es laut APR im bundesweiten digitalen Multiplex mit Radio Schlagerparadies bereits ein Programm mit der Ausrichtung „Schlager“, so dass durch die Änderung auch kein Beitrag zur Vielfalt geleistet wird. „Wenn es also um die Förderung des digitalen Radios geht, indem das Angebotsspektrum erweitert wird, ist der gewählte Ansatz nicht zielführend“, so der APR abschließend.
Auch die REGIOCAST äußert ihren Unmut über das NDR Schlagerprogramm: „Damit wird privaten Rundfunkveranstaltern der Eintritt in den Aufbau der Übertragungstechnik DAB+ wirtschaftlich unmöglich gemacht wird. Gleichzeitig verfehlt der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag. Der NDR begibt sich – rundfunkbeitragsfinanziert – bewusst in Konkurrenz zu den einzig von privaten Hörfunkveranstaltern im Format DAB+ darstellbaren Angeboten, nämlich spezielle Musikformate, um diese aus DAB+ herauszuhalten. Private Rundfunkveranstalter finanzieren sich vollständig aus Werbung. Grundlage dieser Werbefinanzierung ist im Radio die hohe Durchdringung mit Empfangsgeräten wie sie bspw. bei UKW seit Jahren der Fall ist weil sie sicherstellt, dass eine möglichst hohe Anzahl an Haushalten prinzipiell mit der Werbebotschaft des Kunden erreicht werden kann. Ohne eine Haushaltsdurchdringung von mindestens 30 % sind Radioprogramme schlichtweg nicht vermarktbar.“
Auch der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) äußert sich zu dem Vorhaben des NDR: „Die geplanten Änderungen sowie die beabsichtigte Beauftragung eines Schlagersenders fallen unmittelbar in die Debatte zur digitalen Zukunft des Mediums Radio, in der bisher weder die Voraussetzungen für einen Übergang noch die Sicherung der Konkurrenzfähigkeit privater Radioanbieter feststehen. Insoweit greift die Modifikation des NDR-Digitalradio-StV der notwendigen Diskussion aller Marktbeteiligten vor und schafft Fakten, die die duale Rundfunkordnung einmal mehr ins Ungleichgewicht bringen können“.