Stellungnahme Klaus Schunk, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste im VAUNET und Geschäftsführer von Radio Regenbogen, zur aktuellen Position des VAUNET zu DAB+
Wir haben am 21. Juni 2019 den fraktionsübergreifenden, einstimmigen Beschluss des Niedersächsischen Landtags in Sachen DAB+ begrüßt, weil hier erstmals eine sachlich bemerkenswert korrekte Bestandsaufnahme der Fakten zu diesem Thema eine Abstimmung maßgeblich beeinflusst hat.
Der Beschluss des Niedersächsischen Landtages stellt das DAB+-Dilemma des privaten Radios in Deutschland treffend dar. Allein diese Darstellung ist ein Verdienst, da nun zu hoffen ist, dass die bundesweite Diskussion nicht mehr interessensgeleitet, sondern wieder faktengetrieben und vor allem ergebnisoffen geführt wird. In dieser Diskussion steht der VAUNET natürlich weiterhin zu dem bereits vor knapp zwei Jahren beschlossenen Vier-Punkte-Plan zur Hörfunkmigration, mit dem sich der Verband zu einer Unterstützung des Digitalumstiegs auf DAB+ bekennt, wenn dieser für den privaten Hörfunk fair und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechend ausgestaltet wird:
1. Motive der Migration
· DAB+ ist kein einheitlicher europäischer Standard – Radio ist schon längst Multichannel.
· Gleichwohl ist für DAB+ aber aus politischen Gründen der Point-of-no-Return überschritten.
· Der private Hörfunk ist daher bereit, eine Migration aktiv zu unterstützen, sofern die Finanzierungsgrundlage dafür gewährleistet ist und faire Leitplanken definiert werden.
· Dazu gehören die Sicherstellung eines ausgewogenen dualen Systems mit der Deckelung der öffentlich-rechtlichen Angebote sowie die Abbildung aller bestehenden privaten UKW-Programme über DAB+.
2. Faire Bedingungen für Umstie
· Der öffentlich-rechtliche Hörfunk benötigt für den Umstieg auf DAB+ bis 2025 schätzungsweise rund 600 Millionen Euro, die er aus dem Rundfunkbeitrag erhält.
· Eine vergleichbare Summe – rund 500 Millionen Euro – muss der private Hörfunk aufbringen.
· Dieser Zusatzaufwand ist über Werbung nicht zu finanzieren. Daher bedarf es auch für den privaten Hörfunk einer Infrastrukturförderung.
· Diese Förderung ist zwingende Voraussetzung für die Migration.
3. Einstiegsphase in die Migration
· Ab dem Zeitpunkt der gesicherten Finanzierung und der Möglichkeit, alle bestehenden privaten UKW-Programme über DAB+ abzubilden, wird der private Hörfunk DAB+ aktiv bewerben.
· Ein Abschaltdatum (auch nicht die Diskussion hierüber) darf es bis zum Absinken der tatsächlichen analogen Nutzung auf unter 10 % nicht geben. Maßgeblich für die Messung der Nutzung ist der Anteil der UKW-Verbreitung an der durchschnittlichen Stunden-Netto-Reichweite (Werbefunk Gesamt, 14-59 Jahre, Mo-Fr, 6-18 Uhr).
· Da sich Privatradio maßgeblich durch Werbung finanziert, reicht die bloße Verbreitung von Endgeräten als Maßstab für den Einstieg in die Migration nicht aus.
4. Dreijährige Übergangsphase
· Erst wenn die tatsächliche analoge Restnutzung unter 10 % der Gesamtnutzung fällt, beginnt die dreijährige Übergangsphase von UKW zu DAB+.
· Binnen der darauffolgenden drei Jahre wird die UKW-Verbreitung eingestellt.
Der VAUNET musste bisher mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass diese ausschließlich sachorientierte Haltung bis heute weder medienpolitisch noch ordnungspolitisch goutiert wurde. Stattdessen werden immer wieder politische Kompromisspapiere diskutiert, die einer Faktenüberprüfung nicht standhalten.
Auch die Mitglieder im VAUNET engagieren sich in unterschiedlicher Art und Weise bei der Entwicklung der digitalen Zukunft ihrer Radiomarken, auch mit stattlichem, finanziellem Engagement bei der Einführung von DAB+. Dies kann aber nur bei der Sicherstellung der UKW-Übertragung und bei gleichzeitiger finanzieller Infrastrukturhilfe für die privaten Radioanbieter nachhaltig aufrechterhalten werden. Das duale System kann bei einer einseitigen Infrastrukturförderung der ARD-Radioprogramme mit über 600 Mio. Euro nicht mehr als solches bezeichnet werden.
VAUNET fordert daher seit der Verabschiedung des Vier-Punkte-Papiers zur digitalen Zukunft des Radios einen gemeinsamen runden Tisch, der sich faktengestützt, vorurteilsfrei und ergebnisoffen mit der digitalen Zukunft von Radio befasst und dessen Arbeit in einem Masterplan, der alle Übertragungswege einschließt, münden sollte.