Lokalradio ist an den meisten bayerischen Standorten immer noch stärkstes Medium. Um im digitalen Zeitalter bestehen zu können, müssen die Lokalradios aber miteinander kooperieren, neue gemeinsame Strukturen schaffen und ihre Angebote skalieren. Das ist das Fazit des Workshops „All Business is local“ des Verbandes Bayerischer Lokalrundfunk (VBL) auf den Münchner Medientagen 2014.
Das hochkarätig besetzte Podium in der vollbesetzten Veranstaltung war sich einig darüber, dass die enge Bindung zwischen den lokalen Medien und seinen Nutzern eine große Chance auch im Wettbewerb mit nationalen und internationalen Anbietern, die in den lokalen Markt drängen, bietet.
Willi Schreiner, der Vorsitzende des VBL und Moderator des Workshops, erklärte, Lokalradios an Einfrequenzstandorten generierten 86 Prozent ihrer Erlöse aus lokaler Werbung. Dies habe eine aktuelle Umfrage des Verbandes ergeben. Großkonzerne wie Google und nationale Fernsehanbieter versuchen aber verstärkt in den lokalen Markt einzudringen. Deshalb sei es notwendig, über Strukturveränderungen und Konsequenzen für die Medienpolitik nachzudenken.
Die Vertreter der lokalen Medien berichteten, die aktuelle Situation des Lokalfunks sei gut, aber eine Fortentwicklung notwendig. Dr. Klaus Schweighofer, von der Styria Media Group und Vorstandsvorsitzender des Verbandes Österreichischer Privatsender erklärte, im lokalen Radio gäbe es immer noch Wachstum, während die Märkte bei den Zeitungen instabil würden. Durch die Nähe zum Nutzer und der bestehenden intensiven Bindung sei er für die Zukunft optimistisch.
Michael Oschmann, der mit Müller Medien die Gesellschafterseite auf dem Podium vertrat, forderte die Begrenzungen im Kopf aufzugeben. „Wir sind auf dem Weg vom lokalen Medium zum lokalisierten Medium“, so Oschmann wörtlich. Die Emotionen und Ideen der Sender dürften nicht auf die einzelnen Sendegebiete beschränkt bleiben, sondern skaliert und somit für alle nutzbar gemacht werden.
Der Präsident der BLM, Siegfried Schneider legte dar, dass auch bei der Regulierungsbehörde die Frage diskutiert werde, ob die Kleinräumigkeit der Frequenzen so gegeben sei, wie sie jetzt bestehe. Die Sender müssten Ideen gemeinsam entwickeln und kooperieren. Auch wegen der Entwicklungen im Online-Bereich bei den öffentlich-rechtlichen Sendern müssten die Aufgaben gemeinsam angenommen werden.
Mit 29 Prozent Tagesreichweite sind die lokalen Sender das zweitstärkste Angebot in Bayern betonte Torsten Mieke von Radio 8 und Radio Galaxy aus Ansbach. Heimat und Region seien regelrecht „in und hip“. Es sei aber notwendig sich rechtzeitig neue Geschäftsfelder zu sichern. Gute Mediaberater seien heutzutage als mediale Unternehmensberater unterwegs.
Für eine weitere Professionalisierung in Marketing und Verkauf sprach sich auch Peter Fürmetz von Broadcast Future, einer Beratungsagentur für Medien aus. Er lobte die grundsätzlich hohe Beweglichkeit des Radios und den immer noch spürbaren Pioniergeist. Man müsse jedoch die Innovationskraft ständig im Auge behalten. Als Beispiel nannte er den Eintritt in den B2B-Markt durch Jobbörsen im Internet und die Zusammenarbeit mit Kunden im Bereich Social Media. Auch Coupon-Modelle hätten sich als sehr lukrativ erwiesen.
Dies bestätigte Torsten Mieke aus seiner Erfahrung, er meinte jedoch, dass die sonstigen Erlöse aus dem Online-Bereich nicht nennenswert seien. Allerdings seien viele lokale Erlöse ohne ein entsprechendes Angebot gar nicht möglich.
Online ist im Radio primär ein Verbreitungsweg, warf Dr. Klaus Schweighofer ein. Die Stärkung der sozialen Medien sei wichtiger als die Erlöse. Einzelne Angebote, wie etwa Videos, die in Facebook geteilt würden, seien aber durchaus erfolgreich. Im Konzern würde
das gesamte Online-Angebot gebündelt, um gegen Google und Co anzutreten. „Man muss Marktführer sein, um eine Chance zu haben“. Der Einzelhandel habe durch die Konkurrenz aus dem Internet ein ähnliches Problem wie die Medienwelt. „Im Moment brauchen wir uns gegenseitig“.
Michael Oschmann sieht zusätzliche Chancen in der besseren Erhebung und Auswertung der Daten, die den Sendern zur Verfügung stehen. Hier hätten die Online-Dienste einen großen Vorsprung. Diese lokale Stärke müsse aber weiter entwickelt werden.
Abschließend betonte Willi Schreiner den Optimismus, mit dem man in die Zukunft gehe. Er erinnerte an die Hochwasserkatastrophe im letzten Jahr, bei der in Niederbayern lokales Radio und Fernsehen die verlässlichste Quelle gewesen sei, als WLAN schon längst nicht mehr zur Verfügung stand. Die gesellschaftliche Bedeutung des Lokalradios sollte nicht vergessen werden.