Gewinnspiele zur Manipulation der MA haben den deutschen Radiomarkt derzeit fest im Griff. Nicht alle der aktuell stattfindenden Major Promotions erreichen dabei die angepeilten Ziele (siehe hier).
Neben Abschaltgründen wie „umständlicher Modus“, „unattraktiver Preis“, „lange Pay Offs und Erklärungen“, „zu viel Selbstbeweihräucherung“ gibt es noch einen weiteren Faktor, der sehr wichtig ist und den Radiomacher gerne vergessen: die Gruppe an Hörern, die über die Jahre von Gewinnspielen (vor allem bei Sendern, die diese überstrapaziert haben) so genervt ist, dass sie den Sender wechselt. Und diese Gruppe ist groß!
Der Anteil der von Gewinnspielen genervten Hörer ist oft sogar grösser als der Anteil der mitspielenden Hörer. Genervt sind je nach Sender bis zu 25 Prozent der Hörer. Genervt sein heißt: abschalten! Und das ist das letzte, was eine Major Promotion erreichen will…
Die Mitmachquote dagegen beträgt je nach Zielgruppe und Spiel nur zwischen fünf und 15, maximal 20 Prozent.
Und um 20 Prozent der Hörer zur Teilnahme zu bewegen, müssen Spiel und Preis schon ein Knaller sein – eine solche Teilnahmequote gibt es selten. Übrigens: Komplizierte Teilnahmebedingungen oder unattraktive bzw. kleine Preise führen zu Teilnahmequoten deutlich unter den gerade erwähnten fünf Prozent.
Für die fünf, 15 oder 20 Prozent derjenigen, die überhaupt bereit sind, an so einem Gewinnspiel teilzunehmen, muss also auch der Preis eine entsprechende Relevanz haben und am besten so einfach wie möglich zu erreichen sein…
Viele Radiosender messen die Teilnahmeversuche an einem Gewinnspiel technisch (Zählung der Anrufversuche) und/oder nachfolgend in ihrer eigenen Marktforschung. Aus der Erfahrung darf ich sagen: (fast) nichts toppt relevante Geldsummen (die eine oder die zwei Ausnahmen, die es gibt, bestätigen immer die Regel).
Was eine relevante Geldsumme ist, kommt wiederum auf die Region und die Zielgruppe an. In wohlhabenden Gegenden, z.B. im Süden Deutschlands, sind Gewinne in Höhe von 100 Euro eine müde Angelegenheit. Ab 1000 Euro wird es dort aber schon interessant. In den neuen Bundesländern, z.B. in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern oder bei Sendern mit sehr junger Zielgruppe sind Gewinne im Wert von rund 100 Euro dagegen durchaus attraktiv.
Sachpreise sind in der Regel schlechter als Geldpreise. Im Jahr 2006 durfte ich experimentieren und messen, welcher Preis größere Begehrlichkeiten weckt und mehr Teilnahmeversuche bringt: Tickets für das damalige Fußball WM Endspiel in Berlin oder eine entsprechende Bargeldsumme. Die Tickets waren eigentlich Goldstaub…
Begehrter war aber… die Bargeldsumme.
Die besten Preise sind also erstens Geld, zweitens Geld und drittens…. Geld.
In dem Sender, für den du arbeitest, war alles anders als oben beschrieben und hat trotzdem bestens funktioniert? Es gibt immer die eine oder andere Ausnahme.
In der Regel bleibt es aber dabei:
- Ein Gewinnspiel sollte entweder ein Image zum Positiven verändern bzw. ein positives Image verstärken oder etwas für mehr Einschaltungen oder längere Verweildauer tun.
- Gewinnspiele brauchen entweder konkrete Verabredungen oder einen Verweil-Modus in einem realistischen Rahmen.
- Der Preis sollte eine hohe Relevanz für die jeweilige Zielgruppe haben und leicht erreichbar sein.
- Der Modus sollte innerhalb von drei Sätzen – also maximal 30 Sekunden -erklärbar sein.
- Wenn all das nicht zutrifft, dann muss die Promotion spannend und unterhaltend sein.
- Gewinnspiele stellen immer auch eine Gefahr da und können auch zum Abschaltfaktor werden. Deshalb gilt immer: so kurz wie möglich, so lang wie nötig (Stichwort „Nachvollziehbarkeit“).
In jedem Fall sollte folgendes auf eine effektive Major Promotion zutreffen: das Spiel muss kurzfristig etwas für die Quote oder mittelfristig etwas für ein Image tun. Und natürlich muss der Modus so konzipiert sein, dass Hörer schon das Radio einschalten müssen, um etwas von der Aktion zu haben… egal, ob als Teilnehmer oder nur um sich unterhalten zu lassen. Alles andere wäre sinnlose Geldverschwendung. Und das kann sich kein Radiosender leisten.
In diesem Sinne: auf viele sinnvolle Investitionen in die kommenden Promotions.
Eure
Yvonne
Yvonne Malak
Das Moderationshandbuch: Alles, was Radio-Profis wissen müssen
201 Seiten
ISBN 3848782723
39,00 € Nomos
Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Dezember 2024.
Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/