Dass Sender auch heute noch WACHSEN können, sieht man in den verschiedensten Märkten. In Österreich z.B. legen die Privatsender seit Jahren insgesamt zu!
Quelle: RMS Austria
In Großbritannien ist der kommerzielle Rundfunk stärker als die alte Tante BBC und in den letzten zwei Jahren kontinuierlich gewachsen.
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Dennoch ist der Frust bei vielen Radiomachern – vor allem in Deutschland – derzeit groß. Rückläufige Werbebudgets bei Kunden sind der eine Grund, scheinbar dauerhafte Verluste im AC/Hot AC Markt der andere. Scheinbar. Denn es gibt auch eine Menge Gegenbeispiele und im kollektiven „Mimimi“ vergessen wir gerne auch mal die Basics, die für unseren Erfolg existenziell sind. Und manche davon kosten keinen Cent. Nur etwas Gehirnschmalz.
Warum Sender Hörer verlieren, hat natürlich je nach Markt unterschiedliche und wettbewerbsabhängige Gründe. Wenn Sender aber als Marken unattraktiver werden und dadurch überdurchschnittlich stark schrumpfen, ist das Problem fast immer hausgemacht und lässt sich einfach zusammenfassen:
Je kleiner der Markt war, desto mehr Fehler haben die Hörer angesichts mangelnder Alternativen verzeihen müssen. Je größer die Auswahl wird, je mehr Alternativen es gibt, desto stärker und vor allem klarer muss eine Marke sein, um ihre Attraktivität zu behalten. Dazu gehört, sich einerseits weiterzuentwickeln und dabei andererseits der Marken-DNA treu zu bleiben. Vor allem aber muss man eine klare Marken-DNA besitzen.
Als Reaktion auf eine schwache MA die Marke zu verwässern, in dem man z.B. breiter in der Musikauswahl wird, wird die Marke weiter schwächen, weil sie am Ende noch weniger wiedererkennbar sein wird. Erst recht in einem immer größer werdenden Umfeld an Alternativen. Dieses Phänomen erlebe ich immer wieder und verstehe bis heute nicht die Haltung dahinter. Wie will ein Sender erfolgreicher werden, wenn er seinen Markenkern immer weiter verwässert?
Deshalb hier ein Reminder, den ich heute für wichtiger denn je halte: „It’s not what you do to the product, it’s what you do to the mind of the consumer. It’s a battle of perception”. Aus: “Positioning, the battle for your mind” von Al Ries und Jack Trout.
Apple oder Chanel. Dell oder Zara. Was haben diese erfolgreichen Produkte gemeinsam? Sie sind klar definierte Marken.
Würde Zara plötzlich Handtaschen ins Sortiment bringen, die ein Leben lang halten, dafür aber mehrere Monatsgehälter kosten? Oder Apple ein MacBook für 500 Euro? Würde Dell seine Rechner als Design Ikone inszenieren?
Apple will nicht gleichzeitig für neueste Technik, exklusives Design UND preisgünstige Massenware stehen. Zara dagegen nicht gleichzeitig für erschwingliche aktuelle Looks UND teure Statussymbole. Wenn Zara plötzlich auch das Luxus-Segment bedient, verliert es Kunden. Weil der USP weg ist: ein ganzer Laden voller stylisher Klamotten und Accessoires zu einem erschwinglichen Preis für jedermann. Wenn Chanel plötzlich Kostüme für 99 Euro anbietet, wird sich die elitäre Luxus-Kundschaft pikiert abwenden…
All die o.g. Marken sind u.a. deshalb erfolgreich, weil sie folgende Eigenschaften haben:
- Sie sind klar abgegrenzt.
- Sie sind jederzeit wiedererkennbar.
- Sie erfüllen die Erwartungen der Konsumenten.
- Sie tun nichts gegen die Erwartungen der Konsumenten und damit nichts, was mit einer anderen Marke assoziiert werden würde.
Diese Marken stehen für etwas und verlassen nie ihren Markenkern.
Eine Chanel-Handtasche und ein MacBook z.B. sind immer wiedererkennbar. Für Kenner auf den ersten Blick. Chanel und Apple grenzen sich klar ab – zu Louis Vuitton und Sony und erst recht zu Zara und Dell oder Lenovo.
Sie stehen für etwas: Luxus, zeitlose ikonische Mode, Design, Innovation.
Konsumenten bekommen mit jedem neuen Launch, jeder neuen Kollektion das, was sie erwarten und niemals etwas, was sie irritiert, weil es eigentlich das Merkmal einer anderen Marke ist.
Das sollte auch für Radiosender gelten: klare Abgrenzung gegenüber dem Wettbewerb, Wiedererkennen beim ersten Einschalten, für etwas Bestimmtes stehen, die Erwartungen der Hörer zu jeder Sekunde erfüllen und niemals etwas gegen die Erwartungen der Hörer tun bzw. etwas, das auf eine andere Marke, also einen Wettbewerber einzahlt – diesem also am Ende des Tages sogar in der MA-Befragung nützt.
Alles, was du sendest, transportiert das Marken-Image. Jedes Element, jede Moderation, jeder Content in der Morgenshow, jede Sales-Promotion und natürlich und vor allem jeder Song.
Ein Beispiel: Sender X ist – sagen wir – ein Hot AC Format für die Kernzielgruppe 25-45. Musik USPs sind aktuelle, angesagte Hits der letzten 20 Jahre aus den Genres Dance, Rhythmic, Current Pop.
Jeder Song soll dies abbilden. Wann immer ein neuer Hörer, ein WHK-Hörer oder ein P2-Hörer einschaltet, soll er auf diesen Sound treffen, um schnell ein klares Bild von der Marke zu bekommen.
Oder um es mit den Worten einer Freundin zu sagen, die kürzlich alle schwarzen Klamotten aussortiert hat: „Diese Farbe tut nichts für mich“. Genauso ist das mit dem Oldie im Hit-Format oder dem aktuellen Hit im Oldie-Format: das sind die schwarzen Klamotten im Kleiderschrank einer Frau, für die schwarz „nichts tut“ – der Song tut nichts für das Produkt.
Bist du für die Musik eines Radiosenders verantwortlich? Dann überlege dir bei jedem Song, ob er zur MARKE passt und ob er etwas für „deinen“ Sender tut. Ein Song, der dem Sender bei seiner Markenbotschaft nicht hilft, hat nichts in der Rotation zu suchen. Es ist ein Song gegen die Erwartungen der Hörer und gegen das Markenprofil.
Kennst du folgenden Effekt: du wählst einen Radiosender aus, lässt ihn eine Weile laufen und dann kommt ein Song, der dich irritiert.Du fragst in diesem Moment deinen Smart-Speaker, welchen Sender du gerade hörst oder checkst im Autoradio nochmal die Sender-ID…weil… genau… weil der Song deiner Erwartung an die Marke widerspricht.
Man kann das alles natürlich auch in drei Worten zusammenfassen:
Weniger ist mehr!
In diesem Sinne: Viel Erfolg weiterhin!
Deine Yvonne
Yvonne Malak
Das Moderationshandbuch: Alles, was Radio-Profis wissen müssen
201 Seiten
ISBN 3848782723
39,00 € Nomos
Yvonne Malak ist Radioberaterin und berät eine Vielzahl von Radiostationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Yvonne Malak schreibt monatlich für die radioWOCHE. Die nächste Ausgabe erscheint am 01. Dezember 2024.
Alle bisher veröffentlichten Publikationen von Yvonne Malak finden Sie auch unter www.my-radio.biz/category/publikationen/radiowoche/